Bewegungsstörung

a baby lying on a blanket
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Eine Bewegungsstörung im Sinne von häufigen, unwillkürlichen Bewegungen und einer deutlichen Einschränkung der Willkürmotorik ist eines der Hauptsymptome der PCH2. 

Unterschiedliche Bewegungsmuster

Diese Bewegungsstörung kann überwiegend aus schnellen, ausfahrenden, windenden (Choreoathetose) oder langsamen Bewegungen bestehen, welche durch abnorme Haltungen und verzerrte Willkürmotorik mit erhöhtem Muskeltonus charakterisiert sind. Häufig mischen sich diese Bewegungsmuster auch. Zusammengefasst spricht man von einer dyskinetischen Bewegungsstörung.

Betroffene Körperpartien

Die Bewegungsstörung ist insbesondere an den Extremitäten (Arme und Beine) sehr eindrücklich, betrifft aber auch die Gesichts- und Augenmuskeln und kann beispielsweise gezielte Greif- oder Augenfolgebewegungen aber auch den Schluckvorgang und den gesamten Verdauungsvorgang stark erschweren. Die Kinder zeigen diese Bewegungen im wachen Zustand immer. Lediglich im Schlaf treten die Bewegungen nicht auf. Einige Kinder neigen auch zu spastischen Bewegungsstörungen, welche mit Muskelverkürzungen oder Gelenkfehlstellungen einhergehen können.

Therapie

Eine ursächliche Therapie der mit PCH2 einhergehenden Bewegungsstörung ist nicht bekannt. Den beschriebenen Folgen der spastischen Bewegungsstörung kann mittels Krankengymnastik vorgebeugt werden.

Behandlungsmöglichkeiten für die Bewegungsstörungen sind hier zu finden.

Tipps zum Ausprobieren

  • Eine Veränderung der bekannten Bewegungen, zum Beispiel deutliche Verstärkung oder Abschwächung, kann auf Unwohlsein hindeuten oder aber Ausdruck von Entspannung, aber auch von Emotionen wie Freude und Wut sein. So können eine gute Beobachtung und Kenntnis der Bewegungsmuster des eigenen Kindes als ein Baustein zum besseren Verständnis der Bedürfnisse des Kindes beitragen.
  • Krankengymnastik / Massagen zur Vorbeugung von Muskelverkürzungen und zum Erhalt der Beweglichkeit der Muskulatur
  • Auf Schutz in unmittelbarer Umgebung des Kindes achten, sodass es sich im Rahmen der ausfahrenden Bewegungen nicht selbst verletzen kann.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Daten aus der Literatur

  • Bereits Barth (1993) beschrieb die extrapyramidale Bewegungsstörung, die mit einer Chorea und Dyskinesien einhergeht, als eines der wegweisenden Symptome für die klinische Diagnostik der PCH2.
  • Bei Steinlin et al. (2007) wiesen 21 von 21 Kindern eine Bewegungsstörung im Sinne einer Spastik, Dystonie bzw. einer Kombination auf.
  • Namavar et al. (2011) beschrieben Dyskinesien bzw. Dystonien bei 69 von 72 Kindern.
  • Bei Budde et al. (2008) zeigten 48 von 52 Kindern eine Chorea bzw. Dystonie

Natural History Study von 2014

Bei 29 von 33 Kindern zeigte sich eine hyperkinetische choreatische Bewegungsstörung, die verbleibenden 4 Kinder zeigten eine überwiegende Spastik, sodass in dieser Studie die Erkrankung PCH2 zu 100 % mit dem Auftreten einer extrapyramidalen Bewegungsstörung korrelierte. 

Die Bewegungsstörung bei den Studienteilnehmenden besserte sich im Verlauf des Lebens der Kinder nicht, auch nicht durch medikamentöse Behandlung. 

Natural History Study von 2023

Ausfahrende Bewegungen traten bei 62 von 65 Kindern ab einem durchschnittlichen Alter von 2 Monaten auf. Die 3 Kinder, die nicht von ausfahrenden Bewegungen betroffen waren, wiesen eine Spastik auf. In der Hälfte der Fälle wurden Therapieversuche unternommen (am häufigsten mit Baclofen), allerdings sistierten die ausfahrenden Bewegungen lediglich in einem Fall, wobei dies nicht in Zusammenhang mit der Medikation gebracht werden konnte. Ein Großteil der weiteren Substanzen zur Therapie der Bewegungsstörungen überschnitt sich mit denen, die zur Behandlung von Schlafproblemen und Unruhe verwendet wurden.

Dystonien waren definiert als anhaltende Fehlhaltung, die nicht C-förmig den ganzen Körper betrifft, mit einer Dauer von wenigen Sekunden bis Stunden. Diese traten bei 24 von 53 Kindern (ab einem durchschnittlichen Alter von 6 Monaten) auf. Nur bei einem betroffenen Kind sistierten diese Dystonien wieder, warum blieb unklar. Ursächlich waren häufig Schmerzen, gefolgt von Reflux, Obstipation und Emotionen. Allerdings blieb auch hier die Ursache häufig unklar. Durch Medikamente waren die Dystonien mehrheitlich kaum beeinflussbar.

Des Weiteren wies ein großer Teil der Kinder mit PCH2a eine Veränderung der Muskelspannung auf. So zeigten 23 von 52 Kindern eine verminderte Muskelspannung und 33 von 52 Kindern eine Rumpfinstabilität. 45 von 52 Kindern hatten eine erhöhte Muskelspannung bis hin zur Spastik.

Dieser Eintrag wurde nach bestem Wissen aufgrund berichteter Erfahrungen von Eltern betroffener Kinder verfasst. Zusätzlich wurden aktuell verfügbare Daten aus der Studie zum natürlichen Verlauf der PCH2 von 2014 und 2023 und der allgemeinen medizinischen Literatur eingearbeitet. Er ersetzt nicht eine ärztliche Konsultation. PCH2cure übernimmt diesbezüglich keinerlei Haftung.

  • Barth P G (1993) Pontocerebellar hypoplasias. An overview of a group of inherited neurodegenerative disorders with fetal onset. Brain Dev 15: 411-422
  • Budde B S, Namavar Y, Barth P G, Poll-The B T, Nürnberg G, Becker C, van Ruissen F, Wetermann M A, Fluiter K, te Beek E T, Aronica E, van der Knaap M S, Hohne W, Toliat M R, Crow Y J, Steinlin M, Voit T, Roelenso F, Brussel W, Brockmann K, Kyllerman M, Boltshauser E, Hammersen G, Willemsen M, Basel-Vanagaite L, Krägeloh-Mann I, de Vries L S, Sztriha L, Muntoni F, Ferrie C D, Battini R, Hennekam R C, Grillo E, Beemer F A, Stoets L M, Wollnik B, Nurnberg P, Baas F (2008) tRNA splicing endonuclease mutations cause pontocerebellar hypoplasia. Nat Genet 40 (9): 1113-1118
  • Grosso S, Mostadini R. Cioni M, Galluzzi P, Morgese G, Balestri P (2002) Pontocerebellar hypoplasia type 2. Further clinical characterization and evidence of positive response of dyskinesia to levodopa. J Neurol 249: 596-600
  • Namavar Y, Barth P G, Kasher P R, van Ruissen F, Brockmann K, Bernert G, Writzl K, Ventura K, Cheng E Y, Ferriero D M, Basel-Vanagaite L, Eggens V R, Krägeloh-Mann I, De Meirleir L, King M, Graham J M, Jr., von Moers A, Knoers N, Sztriha L, Korinthenberg R, Dobyns W B, Baas F, Poll-The B T (2011) Clinical, neuroradiological and genetic findings in pontocerebellar hypoplasia. Brain 134(Pt 1): 143-156
  • Steinlin M, Klein A, Haas-Lude K, Zafeiriou D, Strozzi S, Müller T, Gubser-Mercati D, Schmitt Mechelke T, Krägeloh-Mann I, Boltshauser E (2007) Pontocerebellar hypoplasia type 2: variability in clinical and imaging findings. Eur J Paediatr Neurol 11 (3): 146-152
  • Natural History Study von 2014: Frölich S. Natürlicher Verlauf der Pontocerebellären Hypoplasie Typ 2 [Inauguraldissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin] Tübingen: Eberhard-Karls-Universität; 2014
  • Natural History Study von 2023: Kuhn A L. Gastrointestinale Symptome, Ernährung und Gedeihen bei Pontocerebellärer Hypoplasie Typ 2 A [Inauguraldissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin] Freiburg im Breisgau: Albert-Ludwigs-Universität; 2023

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