Epilepsie

EEG Wave

Bei einer Epilepsie ist das Gehirn bzw. sind einzelne Bereiche des Gehirns zu aktiv und geben zu viele Signale ab. Dies kann im Rahmen eines Elektroenzephalogramms (EEG, Ableitung der Hirnströme) nachgewiesen werden. 

Die Überaktivität führt zu epileptischen Anfällen, wobei es nur zu einzelnen Muskelzuckungen, aber auch zu Krämpfen des ganzen Körpers und Bewusstseinsverlust kommen kann. 

Man kann generalisierte (das gesamte Gehirn ist betroffen) und fokale Anfälle (nur einzelne Bereiche des Gehirns sind betroffen) unterscheiden. 

Generalisierte Anfälle können sich z.B. als tonische (starkes Verkrampfen), atonische Krampfanfälle (Muskelspannung lässt plötzlich nach) oder Absencen (plötzlicher Bewusstseinsverlust) zeigen. Sogenannte Grand Mal- Anfälle zählen ebenfalls zu den generalisierten Anfällen und bestehen sowohl aus tonischen als auch klonischen (zuckende, sich wiederholende Bewegungen) Komponenten. 

Epileptische Anfälle können sich auch alleine in Form eines Atemstillstandes oder Zuckungen im Gesicht zeigen.Unter einem Status epilepticus versteht man einen epileptischen Anfall, der entweder außergewöhnlich lange andauert (länger als 5 min) oder eine Serie von Anfällen, zwischen welchen das Bewusstsein nicht wiedererlangt wird.

Situation bei PCH2-Kindern

Epileptische Anfälle (Krampfanfälle) kommen bei Kindern mit PCH2 häufig vor. Sie gelten als eines der Hauptsymptome der PCH2. Die Arten der Anfälle bei der PCH2 sind sehr vielfältig. Es kommen neben generalisierten tonisch-klonischen Anfällen auch Absencen oder atonische Anfälle vor. Auch werden Anfälle bei Fieber beschrieben. Dies ist dadurch erklärbar, dass Fieber die Anfallsschwelle bei Kindern mit Epilepsie senkt. Bei an PCH2 erkrankten Kindern tritt ebenfalls vermehrt ein Status epilepticus auf. 

Vermehrtes Auftreten von Krampfanfällen bei PCH2 Kindern kann ein Hinweis auf einen anstehenden Infekt sein. Auch in Phasen, in denen sich im Hinblick auf die Entwicklung viel verändert, berichten Eltern häufig von einer Veränderung der Anfallsart oder -häufigkeit.

Die Wahrscheinlichkeit, Krampfanfälle zu entwickeln, ist für ein an PCH2 erkranktes Kind sehr hoch und steigt mit zunehmendem Alter.

Therapie

Die Therapie der epileptischen Anfälle im Rahmen der PCH2 gestaltet sich schwierig und führt nur in seltenen Fällen zu einer vollständigen Anfallsfreiheit. Nichtsdestotrotz ist es sehr wichtig eine bestmögliche Einstellung der Epilepsie anzustreben, da diese nicht nur einen unmittelbaren Einfluss auf das Wohlbefinden der Kinder und damit ihrer Familien hat, sondern in vielen Fällen auch andere Bereiche (wie die kognitive und motorische Entwicklung, die Pflege, schöne Erlebnisse, etc.) erst ermöglicht.

In der natürlichen Verlaufsstudie von 2014 zeigten sich unter Phenobarbital und Topiramat die häufigsten Behandlungserfolge. Direkt danach befragt, benennen zahlreiche Eltern Phenobarbital als eines der Medikamente, von welchem ihre Kinder am meisten profitieren würden, wobei die Nebenwirkungen des Medikaments kaum zu beobachten seien. 

Phenobarbital ist eines der ersten und daher am besten bekannten anfallsunterdrückenden Medikamente. Es hat dämpfende und schlaffördernde Eigenschaften, zusätzlich führt es dazu, dass andere Medikamente beschleunigt abgebaut und daher in ihrer Wirkung beeinträchtigt werden können (z.B. Valproat oder Schilddrüsenhormone). Wenn man Phenobarbital absetzen möchte, muss dies sehr langsam geschehen.

Aufgrund der zahlreichen Berichte von Eltern und den beiden natürlichen Verlaufsstudien profitieren an PCH 2 erkrankte Kinder häufig von der Einnahme von Phenobarbital (ebenso wie von Topiramat), sodass ein frühzeitiger Versuch mit diesen Medikamenten  in der antiepileptischen Therapie in Erwägung gezogen werden kann.

Tipps zum Ausprobieren

  • Auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr im Alltag achten.
  • Fieber frühzeitig und adäquat senken.
  • Bestmögliche Einstellung mit antiepileptischen Medikamenten anstreben. Hierbei sind Geduld und Durchhaltevermögen gefragt, da sich dies häufig langwierig gestaltet.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Daten aus der Literatur

  • Barth et al. (1990) beschrieb in 3 Fällen Grand mal-Anfälle.
  • Bei Steinlin et al. (2007) litten knapp die Hälfte der beschriebenen Kinder (14/21) unter Krampfanfällen.
  • Namavar et al. (2011) berichteten, dass in einer untersuchten Gruppe von 54 Kindern mit der PCH2 typischen Mutation 44 Kinder unter Krampfanfällen litten. Namavar et al. trafen die Aussage, dass die Wahrscheinlichkeit Krampfanfälle zu entwickeln mit zunehmendem Alter der Kinder ansteigt.

Natural History Study von 2014

Es zeigte sich eine hohe Prävalenz von epileptischen Anfällen (26 von 33 Kindern). Das durchschnittliche Auftreten für das erstmalige Auftreten der Anfälle betrug 29 Monate. Alle Kinder, die in dieser Studie keine Krampfanfälle zeigten, waren 28 Monate oder jünger. Ein Sistieren von Krampfanfällen konnte bei 3 Kindern beschrieben werden. Dies war in 2 Fällen mit einer antiepileptischen Dauertherapie in Zusammenhang zu bringen, wobei eine eindeutig erfolgreiche Therapie für die im Rahmen der PCH2 auftretenden Krampfanfälle nicht bekannt ist. Als wirksame Medikamente im Sinne einer Reduktion der Krampfanfälle zeigten sich jedoch Phenobarbital (in 11 von 15 Fällen erfolgreich) und Topiramat (in 6 von 7 Fällen erfolgreich). Unwirksam bzw. mit zu vielen Nebenwirkungen einhergehend zeigten sich Clobazam und Levetiracetam.

Ein Status epilepticus trat bei 13 von 33 Kindern auf. Die meisten dieser Kinder (9) hatten lediglich einen Status epilepticus bis zum Zeitpunkt der Datenerhebung. Die Altersverteilung schwankte zwischen 3 Monaten bis zu 12 Jahren beim Auftreten eines ersten bzw. des einzigen Status epilepticus. Eine medikamentöse Durchbrechung war bei 5 von 13 Kindern nicht möglich, in den anderen Fällen konnte eine Beendigung des Status epilepticus durch Diazepam (2/13) oder eine Kombination von Diazepam mit Phenobarbital, Clonazepam, Chloralhydrat oder Lorazepam erreicht werden. In einem Fall wurde von der Wirksamkeit von Midazolam berichtet.

Natural History Study von 2023

Bei 43 von 62 Kindern traten epileptische Anfälle auf. Das durchschnittliche Alter bei Erstauftreten war 2 Jahre. Bei der Mehrheit der von epileptischen Anfällen betroffenen Kinder waren diese fortbestehend, während bei 5 Kindern im Verlauf keine epileptischen Anfälle mehr auftraten. 

Ein Drittel der Kinder hatte bereits mindestens einen Status epilepticus erlitten. Im Durchschnitt waren die Kinder mit Status epilepticus in ihrem Leben bereits von 2,25 Status epilepticus betroffen und durchschnittlich bei rund einem Status epilepticus intensivmedizinisch behandelt worden. 

Mit zunehmendem Alter stieg die Wahrscheinlichkeit, eine Epilepsie zu entwickeln.

Etwas mehr als die Hälfte der Kinder wies Fieberkrämpfe auf, durchschnittlich erstmals ab einem Alter von rund 22 Monaten.

Fast 90 % der Kinder, die von epileptischen Anfällen betroffen waren, erhielten eine Dauermedikation zur Therapie der Anfälle. Die Mehrheit gab an, dass sich das Auftreten von Anfällen unter Medikation mindestens halbiert habe.

Dieser Eintrag wurde nach bestem Wissen aufgrund berichteter Erfahrungen von Eltern betroffener Kinder verfasst. Zusätzlich wurden aktuell verfügbare Daten aus der Studie zum natürlichen Verlauf der PCH2 von 2014 und 2023 und der allgemeinen medizinischen Literatur eingearbeitet. Er ersetzt nicht eine ärztliche Konsultation. PCH2cure übernimmt diesbezüglich keinerlei Haftung.

  • Barth P G, Vrensen G F J M, Uylings H B M, Oorthuys J W E, Stam F C (1990) Inherited syndrome of microcephaly, dyskinesia and pontocerebellar hypoplasia: a systemic atrophy with early onset. J Neurol Sci 97: 25-42
  • Namavar Y, Barth P G, Kasher P R, van Ruissen F, Brockmann K, Bernert G, Writzl K, Ventura K, Cheng E Y, Ferriero D M, Basel-Vanagaite L, Eggens V R, Krägeloh-Mann I, De Meirleir L, King M, Graham J M, Jr., von Moers A, Knoers N, Sztriha L, Korinthenberg R, Dobyns W B, Baas F, Poll-The B T (2011) Clinical, neuroradiological and genetic findings in pontocerebellar hypoplasia. Brain 134(Pt 1): 143-156
  • Steinlin M, Klein A, Haas-Lude K, Zafeiriou D, Strozzi S, Müller T, Gubser-Mercati D, Schmitt Mechelke T, Krägeloh-Mann I, Boltshauser E (2007) Pontocerebellar hypoplasia type 2: variability in clinical and imaging findings. Eur J Paediatr Neurol 11 (3): 146-152
  • Natural History Study von 2014: Frölich S. Natürlicher Verlauf der Pontocerebellären Hypoplasie Typ 2 [Inauguraldissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin] Tübingen: Eberhard-Karls-Universität; 2014
  • Natural History Study von 2023: Kuhn A L. Gastrointestinale Symptome, Ernährung und Gedeihen bei Pontocerebellärer Hypoplasie Typ 2 A [Inauguraldissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin] Freiburg im Breisgau: Albert-Ludwigs-Universität; 2023

Diesen Beitrag teilen: